Down-Syndrom Gesundheitspass
Erläuterungsblatt für die betreuende Ärztin, den betreuenden
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Herz
Wenn bei einem Neugeborenen oder Säugling der klinische Verdacht auf das
Vorliegen einer Trisomie 21 vorliegt, muss dieser mit Zustimmung der Eltern
durch eine Chromosomenanalyse bestätigt werden. Aus einer Blutzellkultur wird
ein Karyogramm erstellt. Dadurch
können freie Trisomie 21 (etwa 95%), Translokationstrisomie (etwa 2%) und
Mosaikform der Trisomie 21 (etwa 3%) differenziert werden.
Eine genetische Beratung der Eltern ist insbesondere im Falle einer
Translokationstrisomie zu empfehlen.
Bis zu 50% der Kinder mit Trisomie 21 haben einen angeborenen Herzfehler. Gerade
in den ersten Lebenstagen muss sich ein angeborenes Vitium nicht unbedingt durch
ein auffallendes Herzgeräusch äußern, daher ist eine Untersuchung mittels
Herzultraschall erforderlich.
Teilweise handelt es sich dabei um Herzfehler (Vorhofseptumdefekte
= ASD, Kammerseptumdefekte =VSD,
persistierender Ductus arteriosus
Botalli = PDA), die ohne hämodynamische Auswirkungen sind oder zur
Spontanheilung tendieren und regelmäßig kontrolliert werden müssen.
Herzfehler, die einer Operation bedürfen, wie zum Beispiel ein
Atrioventrikular (AV) -Kanal
(kombinierter Vorhof- und Kammerseptumdefekt mit Beteiligung der Klappenebene),
VSD sowie PDA mit hämodynamischer Wirksamkeit,
Aortenstenose oder
komplexe Vitien, werden in einem
kinderkardiologischen Zentrum betreut, um eine optimale Operationsplanung zu
ermöglichen. Die postoperativen Ergebnisse sind in den meisten Fällen sehr gut.
Selbst wenn in der ersten kardiologischen Untersuchung im Neugeborenenalter kein
Herzfehler diagnostiziert wurde, empfiehlt sich eine weitere Kontrolle im 3. bis
5. Lebensmonat, um bis dahin unentdeckte Herzfehler oder die Entstehung einer
pulmonalen Hypertension nicht zu
übersehen.
In
jedem Lebensalter gibt es bei Menschen mit Trisomie 21 eine erhöhte
Wahrscheinlichkeit einer Schilddrüsenunterfunktion.
Bereits in den ersten Lebenstagen wird mittels der
Stoffwechsel-Screeningkarte (PKU-
Guthrie-Karte) neben vielen angeborenen Stoffwechselstörungen auch das Vorliegen
einer angeborenen Schilddrüsenunterfunktion, z.B. im Rahmen einer Anlagestörung
der Schilddrüse überprüft.
In
der Folge muss die Schilddrüsenfunktion mittels
TSH (thyroid stimulating hormone)-Test
regelmäßig untersucht werden. In den ersten Lebensjahren gibt es bei Kindern mit
Down-Syndrom eine – manchmal auch passagere – TSH-Erhöhung, z.B. im Rahmen von
Wachstumsschüben. In späteren Lebensjahren steigt die Wahrscheinlichkeit für
eine autoimmunbedingte Hypothyreose (selten Hyperthyreose).
Sollte das TSH bei zwei aufeinanderfolgenden Kontrollen im Abstand von max. 6
Monaten erhöht sein, ist eine genauere Diagnostik (T3,
T4, TSH, Schilddrüsenantikörper, evtl. Ultraschalluntersuchung der
Schilddrüse) ratsam. Außerdem soll in diesem Fall Schilddrüsenhormon
(L-Thyroxin) substituiert werden, da sich die Symptome von Hypothyreose und
Trisomie 21 teilweise überlagern bzw. verstärken (Entwicklungsverzögerung,
muskuläre Hypotonie, verlangsamter Stoffwechsel, trockene Haut, Obstipation,
Gewichtszunahme, etc.)
Gegenüber dem Gesamtkollektiv gleichaltriger Kinder haben Kinder mit
Down-Syndrom ein erhöhtes Risiko für Blutbildveränderungen.
Im
Neugeborenenalter betrifft das die (passagere) myeloproliferative Reaktion, bei
der ein Risiko für die Entwicklung einer akuten myeloischen Leukämie besteht.
Meist allerdings kommt es zur Spontanremission.
Im
Kindes- und Jugendalter bleibt ein gegenüber dem Gesamtkollektiv Gleichaltriger
erhöhtes Risiko für maligne hämatologische Erkrankungen, sodass ein Screening
mittels komplettem Blutbild und
Differentialblutbild im Rahmen der Routinekontrollen der Schilddrüsenwerte
empfohlen werden kann.
Trotzdem muss natürlich auf klinische Hinweise (Blässe, Erschöpflichkeit,
außergewöhnlich gehäufte Infekte, Fieber unklarer Ursache, Knochenschmerzen,
Gerinnungsstörung) jederzeit sofort reagiert und ein Blutbild mit Diff. bestimmt
werden. Bei suspektem Befund ist es ratsam, das Kind an einem hämatologisch
spezialisierten Zentrum vorzustellen.
Kinder und Erwachsene mit Down-Syndrom sollen gemäß den
Richtlinien des aktuellen Impfplanes
geimpft werden.
Bei Säuglingen mit entsprechendem Risikoprofil (Frühgeburt, Lungenprobleme,
angeborene Herzfehler) ist darüber hinaus die passive Immunisierung gegen
RS-Viren empfohlen.
Um
die Basis für eine gute sprachliche Entwicklung zu legen, muss möglichst früh
darauf geachtet werden, dass das Gehör unbeeinträchtigt ist. Bei Babys mit
Down-Syndrom gibt es das Risiko einer angeborenen Innenohrschwerhörigkeit, in
späteren Monaten und Jahren durch die engen Verhältnisse im oberen
Respirationstrakt und eventuell auch gehäufte Atemwegsinfekte die Möglichkeit
einer Mittelohrschwerhörigkeit bei (Sero-) Mucotympanon.
In
den ersten Lebenstagen wird bei allen Neugeborenen ein Gehör-Screeningtest (otoakustische
Emissionen, OAE) durchgeführt. Oft haben Neugeborene mit Trisomie 21 relativ
enge Gehörgänge, sodass die OAE nicht ableitbar sind. Wenn die OAE-Kontrollen in
den ersten Lebenswochen negativ bleiben, muss eine genauere Gehörprüfung mittels
Hirnstammaudiometrie veranlasst
werden (ALGO / BERA).
In
den ersten Lebensjahren ist eine genaue Gehörüberprüfung mindestens
halbjährlich, später jährlich empfehlenswert.
In
jedem Alter besteht wegen der engen Verhältnisse in den oberen Atemwegen das
Risiko für obstruktive Schlafapnoen.
Hinweise sind Schnarchen, hörbare Atemstopps, ungewöhnliche Schlafhaltungen und
offensichtlich unerholsamer Schlaf. In solchen Fällen ist eine HNO-fachärztliche
Abklärung bzw. die Überweisung in ein Schlaflabor empfehlenswert.
In
den ersten Lebenstagen wird routinemäßig überprüft, ob eine angeborene
Linsentrübung (Katarakt) vorliegt.
In
den ersten Lebensmonaten kommen häufiger
Dakryostenosen (Verengungen des Tränen-Nasengangs) vor, die eine gute
Spontanremissionstendenz zeigen.
Später ist es wichtig, Störungen des Sehvermögens (Kurz-, Weitsichtigkeit,
Schielen, Astigmatismus) zeitgerecht zu erkennen und zu behandeln, um gute
Voraussetzungen für die Entwicklung zu gewährleisten. Daher ist eine jährliche
augenärztliche Kontrolle und
gegebenenfalls die Versorgung mit einer gut sitzenden Brille (Spezialoptiker –
Anpassung der Brille bei flachem Nasenrücken) wichtig.
Mit fortschreitendem Alter ist eine regelmäßige Untersuchung auf Katarakt und
Keratokonus sowie die Diagnostik und
gegebenenfalls Korrektur einer Fehlsichtigkeit erforderlich.
Ambulante Frühförderung
hat bereits in den ersten Lebensmonaten und –jahren bis zum Kindergarteneintritt
ihren Stellenwert zur Begleitung der Entwicklung im häuslichen Umfeld.
Parallel dazu sind regelmäßige
entwicklungsneurologische bzw. entwicklungspsychologische Kontrollen ratsam,
um den aktuellen Therapiebedarf (Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie) zu
erheben und Therapien zu koordinieren, wobei auch Therapieformen wie Rhythmik,
Musik- und Kunsttherapie, tiergestützte Therapieformen etc. einbezogen werden
können.
Ziel ist es, die Angebote an die Bedürfnisse des Kindes anzupassen, um die
Entwicklung optimal zu unterstützen, aber Stress durch „Übertherapieren“ zu
vermeiden.
Beratungsgespräche durch PsychologInnen, PsychotherapeutInnen und
SozialarbeiterInnen mit den Eltern bzw. der Familie, dem betreuenden Umfeld des
Menschen mit Down-Syndrom sind in verschiedenen Phasen besonders wichtig.
Nach Mitteilung der Diagnose Down-Syndrom ist es wichtig, den Eltern
Unterstützung und Begleitung anzubieten. Dabei geht es um
psychologische Begleitung ebenso wie
um Ansprüche auf finanzielle
Unterstützung und die Vernetzung
mit gleichbetroffenen Familien oder Elterngruppen.
Im
Kleinkindalter erleben sich Kinder
mit DS oftmals aufgrund von Entwicklungsverzögerungen und therapeutischer
Maßnahmen weniger selbstbestimmt als ihre Altersgenossen. Viele schaffen sich
ein Gefühl der Selbstwirksamkeit durch
verweigerndes, trotziges Verhalten. Psychologische Beratung zur Vermeidung eines
Autonomiekonflikts
hilft, dass sich Selbstbestimmtheit durch Verweigerung
nicht als Verhaltensmuster verfestigt. In dieser Phase ist es auch wichtig, für
Körperteile und deren Funktionen passende Bezeichnungen zu finden, um damit ein
positives Körperbild als Basis für die Sauberkeitsentwicklung und eine
entwicklungsgemäße Psychosexualität zu schaffen.
Im
Jugendalter ist die
Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten
und Grenzen eines Lebens als Mensch mit Down-Syndrom die zentrale Aufgabe.
Unabhängig vom sprachlichen Ausdrucksvermögen nehmen Jugendliche mit
Down-Syndrom Unterschiede zwischen sich und anderen wahr. Die Auseinandersetzung
mit ihren persönlichen Stärken und Schwächen und mit den Besonderheiten, die ein
Leben mit Down-Syndrom mit sich bringt, trägt zu einer sicheren Identität als
Grundlage für ein zufriedenes Erwachsenenleben bei.
Am
Übergang zum Erwachsenenalter ist
die Auseinandersetzung mit der teilweisen Loslösung aus der Familie, möglichen
Formen von Beschäftigung, Wohnen, Partnerschaft und Freizeitgestaltung
notwendig. Dabei sind sowohl die psychologischen Aspekte als auch soziale und
juristische Themen der begleiteten
Selbständigkeit zu betrachten. Das umfasst auch Beratung zu
Sachwalterschaft, vor- und Nachteile von Tätigkeit in einem geschützten Bereich
oder am freien Arbeitsmarkt, Finanzplanung usw.
Natürlich gibt es darüber hinaus Phasen und Ereignisse im Leben, die
herausfordernd oder belastend sind. Solche
Krisen sind z.B. einschneidende
Veränderungen im Lebensumfeld, Konflikte, Verlusterlebnisse und ähnliches. Unter
Umständen kann sich der betroffene Mensch mit Down-Syndrom sprachlich nicht
konkret zu diesem Thema äußern und reagiert mit Rückzug oder
Verhaltensänderungen. In solchen Situationen soll eine
psychologische oder psychotherapeutische
Begleitung in Betracht gezogen werden.
Das Symptom Muskelhypotonie wird
schon bei den Neugeborenen mit Down-Syndrom in sehr unterschiedlicher Ausprägung
beobachtet, und betrifft die gesamte Muskulatur. Das Stillen ist eine natürliche
Unterstützung für eine optimale Entwicklung der Mundmotorik. Bei anfänglichen
Stillschwierigkeiten wird eine
Stillberatung (Hebamme, Stillberaterin) empfohlen.
Die Hypotonie der orofazialen Muskeln kann aber zur anfänglichen Saug- und
Kauschwierigkeiten führen, die eine unterstützende gezielte orofaziale Therapie
erfordert. In diesem Fall ist eine Überweisung zur
Logopädie ratsam, um damit eine gute
Basis für die Nahrungsaufnahme, Sprachlautbildung und Kommunikation zu schaffen.
Der Milchzahndurchbruch erfolgt häufig verzögert und die Durchbruchsfolge ist
verändert. Auch der Durchbruch der bleibenden Zähne ist häufig verzögert.
Morphologische Abweichungen der Zähne bezüglich Form und Größe sind häufig.
Weitere Auffälligkeiten können Oligodontie (fehlende Zähne), überzählige Zähne,
Zahnfusionen sein.
Ab
dem Kleinkindalter sind eine regelmäßige
Zahnhygiene und zweimal jährliche
zahnärztliche Kontrollen notwendig. Gegebenenfalls müssen
kieferorthopädische
Maßnahmen geplant werden.
Angeborene Anomalien im Magen-Darm-Trakt kommen bei Kindern mit Down-Syndrom
statistisch häufiger vor:
Ösophagusatresie mit oder ohne tracheoösophagealer Fistel,
Zwerchfellhernie,
Duodenalatresie/-stenose (am häufigsten),
Analatresie,
Morbus Hirschsprung (aganglionäres
Megakolon). Die meisten dieser Fehlbildungen werden schon in den ersten
Lebenstagen symptomatisch und bedürfen teilweise eines sofortigen chirurgischen
Eingriffs. Bei prompter Therapie einer isolierten Anomalie ist die Prognose
günstig. Ernährungsaufbau mit Muttermilch begünstigt die postoperative Verdauung
und die rasche Heilung.
Bei entsprechenden klinischen Symptomen (intermittierendes Erbrechen, Retention
verschluckter Fremdkörper) muss auch noch in späteren Jahren sogar bis ins
Erwachsenenalter an die Diagnose einer Duodenalstenose gedacht werden.
Relativ häufig leiden Kinder und Erwachsene mit Down-Syndrom auch unter
gastroösophagealem Reflux aufgrund
ösophagealer Motilitätsstörungen.
Relativ häufig leiden Menschen mit Down-Syndrom an
Obstipation. Mögliche Ursachen wie
Morbus Hirschsprung oder Hypothyreose müssen abgeklärt werden, die Therapie
sollte in erster Linie auf der Ernährung aufbauen.
Stillen
ermöglicht Babys mit Down-Syndrom einen guten Start: Muttermilch ist die
geeignete Ernährung, weil sie optimal an den Nährstoffbedarf des Babys angepasst
ist und zusätzlich immunologische Eigenschaften besitzt, die vor Infekten der
Atemwege und des Gastrointestinaltraktes schützen. Zudem ist ein protektiver
Faktor gegenüber Übergewicht und damit assoziierten Stoffwechselerkrankungen
gerade für Menschen mit Down-Syndrom wichtig. Das Trinken an der Brust
unterstützt die Bindung zwischen Mutter und Kind. Auf die günstigen Auswirkungen
auf die orofaziale Muskulatur wurde bereits hingewiesen. Falls Stillen nicht
möglich ist, sind abgepumpte Muttermilch oder volladaptierte (eventuell
hypoallergene) Nahrung die Alternativen. Unterstützung kann durch
Stillberatung oder
Logopädie gegeben werden.
Beikost
soll wie bei allen Babys gegen Ende des ersten Lebenshalbjahres eingeführt
werden. Auch bei anfänglichen Schwierigkeiten mit dem Kauen festerer Nahrung
sollte, gegebenenfalls mit logopädischer Unterstützung, auf normale, stückige
Kost hingearbeitet werden.
Manche Menschen mit Down-Syndrom haben ein wenig ausgeprägtes Durstgefühl, daher
soll bereits ab dem Kleinkindalter auf ausreichende
Flüssigkeitsaufnahme in Form von
Wasser, ungesüßtem Tee oder stark verdünntem Fruchtsaft geachtet werden.
Eine ausgewogene, vitamin- und ballaststoffreiche Kost ist für Menschen mit
Down-Syndrom in jedem Alter wichtig, ein Überangebot an Kalorien in Form von
Zucker und Fett muss vermieden werden. Sollte sich das Körpergewicht in Relation
zur Länge ungünstig entwickeln (Perzentilen Gewicht/Länge,
Body Mass Index > 75. Perzentile)
ist eine Ernährungsberatung
sinnvoll. Mindestens ebenso wichtig ist eine bewegungsbetonte Gestaltung von
Alltag und Freizeit.
Wochen, Monate oder auch Jahre nach Beginn der glutenhaltigen Ernährung kann
Zöliakie (Gluten-, Weizenprotein-Unverträglichkeit) in verschiedener Ausprägung
klinisch symptomatisch werden: großes vorgewölbtes Abdomen, massige, breiige
Stühle, Untergewicht, mangelhaftes Längenwachstum, Anämie, Hautsymptome. Kinder
mit Down-Syndrom haben ein erhöhtes Risiko, eine Zöliakie zu bekommen, die
klinische Symptomatik ist allerdings häufig uncharakteristisch
Eine Zöliakie-Screening im zweiten Lebensjahr und in der Folge eine Kontrolle
alle drei Jahre wird empfohlen. Ein erhöhter Titer der
Endomysialen Antikörper und
Gewebstransglutaminase-AK im
Serum in Relation zum Gesamt-IgA
weist mit hoher Sensitivität und Spezifität auf eine Zöliakie hin. Bei positiver
Serologie sichert eine Dünndarmbiopsie
mit Nachweis der charakteristischen Schleimhautveränderungen die Diagnose.
Wie bei allen Neugeborenen wird auch bei Babys mit Down-Syndrom in der ersten
Lebenswoche eine Ultraschalluntersuchung
der
Hüfte gemacht und bei
Auffälligkeiten kontrolliert bzw. eine Behandlung eingeleitet.
Im
zweiten Lebensjahr, etwa um den Zeitpunkt des Gehbeginns ist eine weitere
orthopädische Untersuchung ratsam, um eventuelle
Fußfehlstellungen zu erkennen und zu
behandeln.
Selbstverständlich sollen auch andere Gelenks- oder Wirbelsäulenfehlstellungen
orthopädisch kontrolliert und gegebenenfalls behandelt werden.
Eine Veränderung, die bei Menschen mit Down-Syndrom häufiger (10-15%) auftritt,
ist die atlanto-axiale Instabilität,
das bedeutet eine Instabilität im Bereich der Gelenke zwischen Hinterhauptsbein
und den ersten beiden Halswirbeln. Meist bleibt diese Veränderung klinisch
symptomfrei, auf Warnzeichen einer Rückenmarkseinengung wie Kopf- und
Nackenschmerzen, eingeschränkte Beweglichkeit im Nacken, Sensibilitätsstörungen,
Gangveränderungen oder gesteigerte Muskeleigenreflexe muss aber sofort mit
neurologischer bzw neurochirurgischer Abklärung reagiert werden.
Diagnostisch kann eine Röntgenuntersuchung der
Halswirbelsäule (Funktionsaufnahmen)
durchgeführt werden, bei Auffälligkeiten (atlanto-axiale Distanz über 7 mm) muss
eine genauere Abklärung durch CT
oder MR angeschlossen werden.
Derzeit wird diese Untersuchung nicht routinemäßig empfohlen, da eine
prophylaktische Vermeidung von sportlicher Betätigung einen negativen Effekt auf
die muskuläre Stabilisierung der haben kann. Wichtig ist aber die Aufklärung
über die möglichen Symptome einer Nervenkompression und eine sofortige
Abklärung, wenn die genannten Beschwerden auftreten.
In
der Pubertät sollen Mädchen
zeitgerecht über die körperlichen Veränderungen die damit einhergehenden Gefühle
und Bedürfnisse aufgeklärt und zur Menstruationshygiene angeleitet werden.
Wichtig ist eine an die kognitiven Möglichkeiten des Mädchens angepasste
Sexualaufklärung, die besonders auf
sexuelle Selbstbestimmung und die Verhütung von Schwangerschaft und sexuell
übertragbaren Krankheiten Bezug nimmt. Eine erste Kontaktaufnahme mit
einer/einem GynäkologIn ist in dieser Zeit ratsam.
Bezüglich der jährlichen gynäkologischen
Untersuchung mit PAP-Abstrich und Untersuchung der Brust (Tastbefund und
Mammographie) treffen für Frauen mit Down-Syndrom die gleichen Empfehlungen zu
wie für alle anderen Frauen.
Bei Knaben mit Down-Syndrom kann es zu einem
verzögerten/unvollständigen Descensus
der Hoden kommen. Sind die Hoden nach dem 6. Lebensmonat nicht beidseits sicher
im Scrotum zu tasten, soll eine urologisch-endokrinologische Abklärung und
eventuell Therapie eingeleitet werden.
Die körperlichen Veränderungen, die die
Pubertät mit sich bringt und die damit einhergehenden Gefühle und
Bedürfnisse, müssen mit dem heranwachsenden Knaben entsprechend seinen
kognitiven Möglichkeiten besprochen werden.
Sexualaufklärung, Umgang mit den
eigenen sexuellen Bedürfnissen im Kontext von Privatheit und Intimität sowie die
Verhütung von sexuell übertragbaren Krankheiten sind Themen, die schrittweise
erarbeitet werden müssen. Meist ist die Fertilität von Männern mit Down-Syndrom
eingeschränkt, trotzdem muss auch das Thema Schwangerschaftsverhütung besprochen
werden.
Vor allem bei Tendenz zu Übergewicht ist es wichtig, regelmäßig
Stoffwechselparameter (Blutfette, HbA1C)
zu erheben, um das Entstehen eines
metabolischen Syndroms rechtzeitig zu erkennen und eine entsprechende
Lebensstiländerung zu veranlassen.
Ebenso soll der Blutdruck regelmäßig
kontrolliert werden und klinisch kardiologisch und eventuell echokardiographisch
auf Klappenfehler untersucht werden.
Bei Menschen mit Down-Syndrom besteht in jedem Alter eine erhöhte Neigung zu
Autoimmunerkrankungen (Thyreoiditis,
Diabetes mellitus, Vasculitiden, Alopezie, Vitiligo).
Bei Säuglingen und Kleinkindern mit Down-Syndrom besteht ein etwas erhöhtes
Risiko für frühkindliche Epilepsien.
Beim Auftreten von Zuckungen, oralen Automatismen wie Schmatzen, Apnoen oder
einem Entwicklungsstillstand bzw Verlust bereits erworbener Entwicklungsschritte
muss daher eine neurologische Untersuchung mit EEG veranlasst werden.
Auch in höherem Lebensalter gibt es eine erhöhte Inzidenz von cerebralen
Krampfanfällen, vor allem im Zusammenhang mit Demenz vom Alzheimertyp und
cerebrovasculären Veränderungen.
Bei Veränderungen im Verhalten, Verlust von Selbständigkeit im Alltag oder
Abnahme von Fähigkeiten wie Lesen und Schreiben soll eine neurologische bzw
psychiatrische Abklärung erfolgen. Im höheren Erwachsenenalter steigt das Risiko
für die Entwicklung einer Demenz vom
Alzheimertyp. Dabei ist wichtig, die Symptomatik gegenüber eventuell
reaktiver Depression bei
einschneidenden Veränderungen im Lebensumfeld oder Verlusterlebnissen
abzugrenzen, die sich nicht selten auch in Rückzug und Verhaltensänderungen
äußern kann.
http://pediatrics.aappublications.org/content/107/2/442.full
Down Synrome
Alasdair G.W. Hunter
in: Management of Genetic Syndromes
pp 191ff Suzanne B. Cassidy MD, Judith E.
Allanson MD
(Wiley-Liss Inc., 2nd Edition,
2005)